Texte

Chaya Nouriani schafft Welten.

In ihren Werken konstruiert die Bildhauerin Landschaften, Umgebungen, Szenarien, Figuren, Vordergründe und Hintergründe, vor allem aber generiert sie jeweils auch eine Vielzahl werkspezifischer Gesetzmäßigkeiten, Regeln, Interaktionen und Beziehungen. Nourianis plastische Welten funktionieren sowohl praktisch als auch ästhetisch und wären sich eigentlich selbst genug, wenn es da nicht den Betrachter gäbe und seinen steten Wunsch nach Verstehen und Einordnen in bekannte Kontexte.

Es ist also unser Wille nach Deutung, mit dem wir Nourianis Welten gegenübertreten, den sie mit ihrer Kunst gewissermaßen provoziert, wenn nicht sogar als solchen entlarvt. Diesen Aspekt verstärkt sie zusätzlich, indem sie ganz bewusst kontextuelle Landmarken in ihre Welten setzt. So verwendet sie beispielsweise in vielen ihrer Objekte, Fundstücke/Materialien wie Schrott, Sperrholz, Spielsachen und überhaupt Dinge, die für uns bereits in spezifische Kontexte eingeordnet sind. Auch erscheinen die Gesetzmäßigkeiten innerhalb ihrer Welten für uns nicht hermetisch, sondern deutbar. Oben ist oben, unten ist unten usw. Aber wohin führen uns die Wegweiser, die uns Nouriani setzt? Erkennen wir diese Zeichen überhaupt? Haben wir auch wirklich alle gesehen? Bemerken wir auch, wie sie sich im Zusammenspiel potenzieren und neue Deutungsmöglichkeiten erschaffen? Gibt es richtige und falsche Fährten, oder am Ende gar die einzig wahre, ultimative Deutung?

Ja und Nein. Die Antwort liegt am Ende in uns selbst oder vielmehr darin, ob wir es zulassen wollen, dass uns Nourianis Welten zeigen, wie sehr unsere eigene Wahrnehmung eigentlich eingeschränkt ist durch selbstgesetzte Konventionen, wie „Deutung“ auszusehen hat und über welchen Grad an „Kontextkompetenz“ man verfügen muss, um überhaupt Kunst verstehen zu können oder gar zu dürfen.

In Nourianis Welten kann und darf jeder eintreten, jeder darf sie so verstehen oder nicht verstehen wie er will. Es darf sie auch jeder nach seinen eigenen Kriterien bewerten, sie für inspirierend, eindeutig, vieldeutig, verstörend, seltsam oder einfach für schön oder hässlich halten.

Die Menge der Bedeutungen, die in Nourianis Welten liegen ist mindestens so groß, wie die der Deutungen, die wir in ihnen sehen. Potentiell unendlich, also unbegrenzt und regellos. Frei.

Tina Hudelmaier M.A.


MAMMA, 2014

Leuchtstoffröhre, Holz 24 x 30cm



Die Brust ist Quelle.

Sie ist Versorgung.

In sich trägt sie das Potential zu Leben.

Der erste zwischenmenschliche Kontakt ist der zu einer Brust.

Die Brust ist erotisch und göttlich zugleich.

Mit ihrer Funktion und ihrer Form birgt die Brust auch eine gewisse Macht.


In der installativen Wandarbeit MAMMA, eine mundgeblasene helleuchtende Neonbrust, greift der Arm einer Christusfigur nach der Brustwarze in delikater, fast scheinheiliger Manier.


Die Entwicklung einer Plastik wird durch ihr Material bestimmt.

Das Material bildet die emotionale Grundlage der Plastik.

Ein hölzerner Arm, das Fragment einer Jesusfigur ist der Ausgangspunkt dieser Arbeit. Das organische Material und die sakrale Anmutung dieses Fundstücks korreliert mit der synthetischen Wirkung der Neonbrust.